SHIFTING IDENTITIES - Installation (2013)



Shifting Identities, Ewa Weiler, © Ghetto Fighter's House Archives, Israel

Im Archiv eines israelischen Ghettokämpfermuseums stiess ich auf ein Fotoalbum. Die Porträts im Passbildformat wurden zwischen 1946 und 1949 im polnischen Oberschlesien aufgenommen. Sie zeigen 196 polnisch-jüdische Kinder, die den Holocaust in Polen überlebten, weil polnische Katholiken sie vor den Deutschen versteckten. Einige dieser Kinder überlebten jedoch auch ganz auf sich allein gestellt.



Child Survivors des Jüdischen Kinderheims Zabrze in Jerusalem, Israel, 2011 © David Danieli

Der polnische Rabbiner und Colonel Yeshayahu Drucker aus Krakau machte es sich unmittelbar nach Kriegsende zur Aufgabe, die überlebenden jüdischen Kinder zu finden und sie dem nahezu ausgelöschten Judentum zurückzugeben. Im Transit des jüdischen Kinderheims von Zabrze kehrte ihre jüdische Identität zu ihnen zurück. Und das Trauma, als einzige ihrer Familie überlebt zu haben. Das Album ist ein Geschenk für Y. Drucker, der 1950 nach Israel emigrierte und dort 2004 verstarb.




Album des Jüdischen Kinderheims in Zabrze, Seite 1, © Ghetto Fighters' House Archives, Israel.

Die Installation SHIFTING IDENTITIES basiert auf 196 Fotoporträts des Albums, 196 Pappkartons und Video.
Jeder einzelne Karton (25x25x40cm) wurde zu einer Behausung für eine einzelne Fotografie, ein Kind.
Das Material Karton visualisiert die temporäre Situation des Übergangs - den Transit.
Der dunkle Kartoninnenraum hinter der Fotografie verweist auf die Gebrochenheit und Zerbrechlichkeit der Kinder, ihre Einsamkeit.
Miteinander bilden die Kartons eine Art Kartonhaus. Dieses lässt sich durch einen schmalen Spalt betreten.
Im Innern der Installation berichten drei der Kinder, die ich 2013 in Israel getroffen habe, von ihrem Überleben in Polen.
David Danieli (Dawid Danielski) verbrachte vier Jahre mit falscher Identität bei einer katholischen polnischen Nachbarin in Rybnik.
Orna Keret (Fela Kozuk) überlebte die Auslöschung des Warschauer Ghettos als Kind, ganz allein auf sich gestellt.
Ruth Marks (Roma Glowinska) wurde aus ihrer Heimatstadt Kalisz in das Ghetto Sandomierz deportiert, von wo sie zu fliehen vermochte und schließlich bei einer katholischen polnischen Familie Zuflucht fand.